Gerhard Richter - Retrospektive
Dauer: 45
Gattung:
Dokumentation
Studio:
Erscheinungsdatum:
Geeignet f.:
nur OST
Sprache (Land):
(
)
Zusammenfassung:
Rundgang mit Richter
Gerhard Richter hat mit seiner Malerei die Kunst der letzten Jahrzehnte wie kaum ein anderer geprägt und ihr neue Impulse verliehen. Der Maler ist ein großer Namen, auf dem internationalen Kunstmarkt und in den Museen. Die Rezeption deutscher Kunst in den USA begann in den 80-er Jahren mit Beuys, Kiefer, Baselitz und Polke, während Richter zu diesem Zeitpunkt nur in eingeweihten Kunstkreisen bekannt war.
Richters Retrospektive mit dem Titel "40 Jahre Malerei" im Museum of Modern Art in New York war seine erste umfassende Gemäldeausstellung in der amerikanischen Kunstmetropole und wurde enthusiastisch gefeiert. Richter kam am Tage seines 70. Geburtstags nach New York, um an der Installierung der Ausstellung teilzunehmen, und so bot sich die Gelegenheit eines Rundgangs mit ihm durch vier Jahrzehnte seiner Arbeiten, die unterschiedlicher nicht sein können. Mit seiner Philosophie "nie das zu machen, was en Vogue ist" hat er es geschafft "en Vouge" zu sein.
"Ich verfolge keine Absichten, kein System ..."
Lebenslauf Richters
Richter malte in den sechziger Jahren Amateuraufnahmen und Illustriertenfotos ab, und versuchte so alle Spuren des Privaten, der individuellen Handschrift und der malerischen Konvention in seiner Kunst zu tilgen. Und doch gelang Ihm das nicht: Seine dramatischen Bilder von bombenwerfenden Flugzeugen sind eine Erinnerung an seine Kindheit - vertrieben und russischen Tieffliegern ausgeliefert.
"Ich war ein kleiner Junge und es war erschreckend und Faszinierend zugleich", so Richter im Film zu seinen Arbeiten über die Bomber im Museum of Modern Art. Auch einzelnen Objekte wie eine Klorolle oder ein Stuhl zeigten die "Dinge an sich", so sachlich klar wie Photos, ohne eigentliche Dramaturgie aber doch mit einer Aussage.
Die Retrospektive zeigt neben den Illustrierten-Bildern die scheinbar und tatsächlich abstrakten Gemälde, zum Teil als Persiflage dieser Kunstrichtung gemeint: Richter malte die Musterkarten von Tapeten oder Teppichen ab und schuf ein abstraktes Gemälde.
Zu dem Zyklus zum 18. Oktober 1977, dem "vermutlichen" Selbstmord der drei RAF Terroristen, die in Stammheim ums leben kamen möchte Richter nicht viel sagen. Zu oft musste er sich rechtfertigen, er erscheint müde.
Richter sagte einmal von sich selber, "Ich verfolge keine Absichten, kein System, keine Richtung, ich habe kein Programm, keinen Stil, kein Anliegen". Richter hat sich, noch in der DDR lebend, am Sozialistischen Realismus und Picasso "versucht". Nach seiner Flucht in den Westen hat er Fluxus und Pop Art entdeckt, mit der Op-Art experimentiert, abstrakt gemalt und dabei seine Handschrift nie verleugnet.
Richter entzieht sich konsequent einer Interpretation, als wolle er sagen, "das überlasse ich anderen". Auf gedrechselte und überintellektuelle Fragen antwortet er: "Dazu kann ich nichts sagen", "Das hab ich hübsch gemacht" oder "Es sieht gut aus. Was soll ich sagen?". Sympathisch und unprätentiös dieser Bedeutsame, der über sich und seine Absichten nicht reden möchte, als ob es nichts zu reden gäbe.
Wie soll man sein Werk einschätzen?
Die Interpretation übernehmen die Anderen: Wie soll man Richter und sein Werk einschätzen? Der Schlüssel zu seinem Werk lieg in der Auseinandersetzung von Repräsentation und Abstraktion, eine der zentralen Fragen zu Beginn der sechziger Jahre, als die Epoche des Abstrakten Expressionismus und Informel zu Ende ging und die trivialen Konsumartikel und Illustriertenbilder der Pop Art als provo-kative Herausforderung empfunden wurde.
An diesem Schnittpunkt setzt Richter 1962 mit seinen ersten Fotogemälden an und thematisiert nachfolgend in immer neuen Konstellationen das dialektische Verhältnis von Bildfläche und deren Materialität einerseits und dem Illusionismus der gegenständlichen Malerei andererseits.
Die Verschiebung, die sich aus der Übersetzung der Fotografie in die Malerei ergibt, ist subtil und dennoch einschneidend, denn Richter "vermalt" das fotografische Detail und entzieht es der näheren Betrachtung. Aus diesem Grund ist es nicht verwunderlich, dass Richter vorwiegend im Kontext der Postmoderne und der Konzeptkunst erwähnt wird, auch wenn seine Portraits, Landschaften und Stillleben realistisch aussehen und seine abstrakten Bilder der 80er Jahre die spontane Geste der Neo-Expressionisten zu imitieren scheinen. Richter ist zweifellos einer von Deutschlands vielseitigsten Malern, allerdings wäre es fatal, die Stilvielfalt seiner Arbeiten als das Fehlen einer zentralen Idee zu werten.
Film von Michael Blackwood